Alois im Himalaya
Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich auf eine so lange Reise in den Himalaya, genauer gesagt nach Ladakh, mitgenommen werde!
Zwar haben meine Vorfahren aus der Pickelschmiede Bhend schon 1953 und 1956 Geschichte geschrieben, als sie bei den Erstbesteigungen von Everest und Lhotse dabei waren, aber damals gab es noch keine modernen, ultraleichten Eiswerkzeuge wie heute.
Ich war schon ziemlich nervös, als ich zuunterst in einer Expeditionstasche am Flughafen Zürich eingecheckt wurde. Ziel war Delhi in Indien. Dort muss es unangenehm heiss und feucht gewesen sein, wie ich den Gesprächen meiner Mitreisenden Tina, Hansruedi, Pascal und Marco entnehmen konnte.
Nach zwei Nächten in Delhi flogen wir nach Leh, der Hauptstadt von Ladakh.
Ladakh gehört zu Indien und liegt etwa 500 km westlich von Nepal. Man ist hier näher den Achttausendern von Pakistan. Rund 200 km entfernt stehen Nanga Parbat, Gasherbrum I, Broad Peak und K2. Was für Namen!
In Leh werde ich auf einen Akklimatisationshike mitgenommen. Ich werde bis auf 4800 m getragen. Warum, ist mir schleierhaft: Weit und breit kein Schnee und Eis. Nur in der Ferne sind die Bergspitzen schneebedeckt, es soll sich dabei um Sechstausender handeln.
Vermutlich ging es um ein sogenanntes Fotoshooting.
Es folgten weitere, eher langweilige Tage für mich. Weit und breit weder Eis noch Schnee. Am sechsten Tag der Reise stiegen wir ins Basislager auf 4600 m über Meer. Aber auch hier kein Eis oder Schnee.
Am achten Tag ging es endlich zur Sache: Ein recht steiler Gletscher mit einigen Spalten galt es zu überwinden. Auf der ganzen Strecke von über 400 Höhenmetern waren Fixseile eingerichtet, die aber kontrolliert und zum Teil neu fixiert werden mussten. Hier konnte ich meine Fähigkeiten beim Hacken von einigen Stufen aufblitzen lassen.
Die folgenden drei Camps auf 5420 m, 5570 m und 6300 m befanden sich alle im Schnee. Ich kam ab und zu zum Einsatz. Zum Beispiel auch, als es darum ging, Gletscherwasser in einem kleinen Graben zu fassen.
Einmal wollte mich ein Ladakhi zum Einschlagen eines Herings missbrauchen. Zum Glück bewahrte mich Tina vor dem Schlimmsten!
Als ich mich schon auf den Aufstieg zum Gipfel freute, stiegen alle wieder bis ins Basecamp ab und blieben dort bei schönstem Wetter zwei Nächte. Das sei nötig für die Akklimatisation, liess ich mich belehren. Ich weiss nicht, wo da das Problem liegt. Ich fühle mich auf jeder Höhe wohl!
Endlich, endlich nach 13 Tagen fern der Heimat starteten wir im Basecamp Richtung Gipfel. Übernachtung im Camp 1, zwei Übernachtungen im Camp 2 und dann - zum ersten und letzten Mal - Übernachtung im Camp 3.
Wir starteten um 02.30 Uhr bei etwas Wind aber klarem Himmel. Die Route war eisig und steil. Ich wurde vor allem als Stütze gebraucht. Offenbar war es zu anstrengend, mich zum Hacken von Tritten einzusetzen. So langsam habe ich meine Bergführer noch nie aufsteigen sehen! Immer wieder legten sie Pausen ein. Offenbar fehlt es ihnen an irgend etwa, damit sie schneller gehen können. Mir geht es bestens. Als wir sieben Stunden nach Aufbruch auf dem 7135 m hohen Nun stehen, werde ich feierlich in die Höhe gestreckt und von allen Seiten fotografiert.
Runter ging es dann schnell. Ich wurde wieder einmal zwischen Rücken und Rucksack eingeklemmt und bekam von der Abseilerei entlang der Fixseile nicht viel mit. Egal, mein Auftrag war offenbar erfüllt! Camp 3 erreichte wir nach zwei Stunden, Camp 2 nach vier Stunden.
Der Rest ist schnell erzählt. Im Basecamp wurde ich noch einmal für Fotos hervorgeholt. Dann verschwand ich zuunterst in einer Reisetasche und kam erst wieder ans Tageslicht, als die Tasche zu Hause in Grindelwald ausgepackt wurde.